6.5. Eine Nachdichtung von Ovids Autobiographie aus dem 17. Jahrhundert

Ambrosius Metzger: Metamorphosis Ovidij in Meisterthoene gebracht.

Von vrsprung, Leben und todt
dess weit beruehmten Poëten
P: Ovidij Nasonis

20 R. Jn der kurtzen tag weiss Michl Vogel.

Dass der P o ë t O v i d i u s
aus S u l m o n e sei buerdig g'wessen,
wird das selbig mit ueberfluss
in seiner buecher schrifften g'lessen;
wie sich diss auch darauss erEuget,
das er von gutten Eltren zeuget,

die ihn gehalten zu der schul
in der blue seiner ersten Jugent,
darinn er auch der kuensten stul
beschritten, sampt der selben tugent.
da her er hoch von Jung vnd Alten
wegen seiner kunst ward gehalten,

und thet durch der Roemer g'setz rechten,
die, So von g'walt betrangt, hefftig verfechten;
ward doch hernacher sein ampt auch,
weil ihm das schwer fiel, bald auffgeben
vnd wider nach vorigem brauch
Jhm erwehlen ein ruhigs leben,
vnd die P o ë s i n E x e r c i r e t,
auch der freyen kuenst grund Probiret.

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vorhanden ist noch dess gedicht,
wie von g'lehrten wird bekennet,
vnter welchen die g'ringsten nicht
von ihm M e t a m o r p h o s i s g'nennet,
vnd dieser sunst ein grosser hauffen,
welche noch taeglich sind Zu kauffen.

Auch ward er begabt mit Reichtumb
vnd thet ein stattliches hauss haben
nah bei dem C a p i t o l i u m.
die meng seiner aecker ihm gaben
Jaehrlichen ein grosses einkommen.
vnd hatt zur eh drey weiber g'nommen,

davon er zwo von sich getrieben,
die tritte aber thet er hertzlich lieben.
Als er mit eim vnd fuenfftzig Jahr
seines Alters Jetzvnd betaget,
vom kaeyser A u g u s t o er war
erbaermlich ins Elend verJaget
zu den G e t i s, So fast vnbaendig,
an gutten Sitten vnverstaendig.

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Die ein vrsach seins Elends ist,
das er von kunst der lieb geschrieben.
die ander Aber, Jeder frist
So von ihm vnberuehrt verblieben,
Allein bey den g'lehrten wird g'lessen,
dass diss die vrsach sey gewessen:

Weil A u g u s t u s eine vnthatt,
die vnvermerckt sein solt, geuebet,
vnd N a s o diesse gesehen hatt,
mit der auffruckung ihn betruebet,
hatt er vnter des buches tittel
dass land Muessen Raumen ohn mittel,

vnd ward in Solchem elend leben
ueber Neun Jahr, biss er Sein geist auffgeben.
die g e t a e ihn in einen grund
Nah bey t o m i s haben vergraben.
dess begraebnis noch diesse stund
die Jnwohner selbigs lands haben,
wie des grab schrifft in stein gehauen
an zeiget, die noch heut zu schauen.

Den 2 Januarii Anno 1625

aus: Ambrosius Metzger: Metamorphosis Ovidij in Meisterthoene gebracht. Hg. von Hartmut Kugler. Berlin 1981 (Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit 31). S. 165ff.


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