3.2.2. Verbannungsgrund


Über die Verbannung Ovids (vgl. trist. 4,10,95-100) gibt es - bis in die Spätantike - als Quelle nur seine eigenen zahlreichen, aber stets verschleierten Äußerungen in den Exilgedichten, z.B.:

Die Forschung ist sich heute weitgehend einig, daß Augustus das carmen (die Ars amatoria) als Vorwand nahm, um Ovid zu verbannen, weil er angeblich durch dieses (schon acht Jahre zuvor erschienene!) Werk die öffentliche Moral untergraben habe. Der eigentliche Grund muß so gravierend gewesen sein, daß Ovid nach Jahren noch nicht offen davon zu sprechen wagte. Am plausibelsten scheint eine politische Erklärung: Gegen Ende der Lebenszeit des Augustus gab es zwei um die Nachfolge rivalisierende Gruppen, die eine um Iulia, die Tochter des Augustus aus erster Ehe, und deren Söhne Gaius und Lucius Caesar, die andere um Livia, die dritte Ehefrau des Augustus, und Tiberius, deren Sohn aus erster Ehe. Ovid hatte sich der ersten Gruppe zugewandt (er fühlte sich der freieren Lebenseinstellung des Gaius Caesar verbunden und erhoffte sich später eine einflußreiche Position), doch war Livia in der Wahl ihrer Mittel nicht zimperlich (Gerüchte wollten von mehreren Giftmorden wissen), so daß sie ihrem Sohn Tiberius die Thronfolge sicherte: Ovid hatte aufs falsche Pferd gesetzt und wurde Opfer der nun einsetzenden "Säuberungen".


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