Entwicklung der Ernährungsgewohnheiten

Entwicklung der Küchenorganisation

Aufgrund einer den Sabinerinnen eingeräumten Vergünstigung war die römische Hausfrau eigentlich von der Verpflichtung zum Kochen befreit. Ursprünglich kochten beaufsichtigte Sklavinnen, männliche Köche waren noch im 2. Jh. v. Chr. äußerst selten.

Nach einer Übergangszeit, in der man sich Mietköche nahm, wurde es in den reicheren Haushalten Sitte, einen eigenen Koch zu halten, dessen Preis häufig höher war als der eines gebildeten Verwalters. Als Zeichen von Luxus galt es, eine wahre Hierarchie in der Küche aufzubauen: der Oberkoch befehligte Köche, Bäcker, Konditoren, Einkäufer und Küchenknechte. Je höher sich dieser Apparat entwickelte, desto ausgefallener wurde natürlich auch die Kochkunst, die ihren Gipfel erst in der Kaiserzeit erreichte.

In den einfacheren Ständen, die sich keine Sklaven leisten konnten, mußte die römische Frau trotz der gewährten Vergünstigung selbst kochen.

Entwicklung der cena

Entwicklung der Mahlzeitenabfolge

Im alten Rom wurden ursprünglich drei Mahlzeiten am Tag eingenommen, die sich auf die Abschnitte Morgen, Mittag und Abend verteilten.

Die erste Mahlzeit des Tages war das ientaculum oder iantaculum genannte Frühstück, das je nach den finanziellen Verhältnissen aus Brot oder Backwerk mit Milch, Wein, Honig, Eiern, Obst und Käse bestand, oder auch nur aus Brot mit Salz. Am Mittag folgte die Hauptmahlzeit des Tages, die cena, und gegen Abend wurde ein Abendbrot, die vesperna, verzehrt.

Während sich bei den unteren Ständen diese Einteilung auch später beibehielt, entwickelten sich die Gewohnheiten der Reicheren unter dem Einfluß griechischer Sitten und importierter ausländischer Erzeugnisse ab ca. 300 v. Chr. langsam weiter. Die cena wurde auf den späteren Nachmittag verlegt, um vor der Hauptmahlzeit alle anstehenden städtischen Besorgungen erledigen zu können und nach dem Essen nicht mehr arbeiten zu müssen. Deshalb nahm man um die Mittagszeit eine Art von zweitem, reichhaltigerem Frühstück, das prandium, zu sich. Es bestand in der Regel aus Überresten der cena des vorhergegangenen Tages, namentlich aus leichten Speisen und Schinken sowie Speck. Während das ientaculum beibehalten wurde, entfiel die vesperna.

Im Normalfall fing die cena eine Stunde nach dem Badbesuch, also um die neunte, spätestens aber um die zehnte Stunde an. Auf heutige Zeitmessung umgerechnet lag der Beginn im Sommer etwa bei 15.45 Uhr und im Winter bei 14.15 Uhr. Mit einer cena wesentlich früher anzufangen, galt als Zeichen von übertriebener Schwelgerei. Die Dauer der Mahlzeit hingegen unterlag keinen gesellschaftlichen Normen. Gewöhnlich schloß sich an eine cena noch eine comissatio, ein Trinkgelage, an, das sich durchaus - wie bei der Cena Trimalchionis (Petr. 73,6) - bis zum Morgengrauen hinziehen konnte.

Entwicklung der Gerichte

Die Weiterentwicklung der Eßgewohnheiten machte sich nicht nur im Zeitpunkt des Essens, sondern auch in der Zusammensetzung der cena bemerkbar.

In alter Zeit beschränkte sich die cena auf den Genuß eines puls genannten Breis aus zerstampftem Spelt, der mit Wasser, Salz und Öl - bei den Ärmeren mit Tierfett - zubereitet wurde. Um dieses Gericht schmackhafter zu machen, fügte man Eier, Käse und auch Honig hinzu. Als Beilage dazu diente Gemüse und gelegentlich auch Fleisch, die Ernährung war aber damals vorwiegend vegetarisch. Doch allmählich wurden der Fleisch- und der Fischgenuß zunehmend populärer, so daß die cena reichhaltiger wurde. Sie beinhaltete dann zwei Gänge, Hauptspeise und Nachtisch.

Ursprünglich, und in einfacheren Verhältnissen auch weiterhin, bestand der Nachtisch überwiegend aus Obst. In den oberen Ständen reichte man aber zusätzlich kalte Speisen, Austern, Muscheln und rohe Kräuter. Später wurden dann diese kalten, appetitanregenden und pikanten Speisen des Nachtisches an den Anfang der Mahlzeit gelegt, so daß daraus der dritte regelmäßige Bestandteil der cena wurde, die Vorspeise. Zum Nachtisch servierte man nun neben Obst vor allem Kuchen und anderes Feingebäck. Die Entwicklung zur Dreiteilung der cena in Vor-, Haupt- und Nachspeise war vor der Kaiserzeit abgeschlossen.

Die Gerichte der cena waren - wenigstens in der Kaiserzeit - teils nach verschiedensten medizinisch-diätetischen Theorien, teils nach Regeln über die zweckmäßige Verteilung der vielfältigen Genüsse, die nach Zeit, Mode, Geschmack und Verhältnissen des Gastgebers wechselten, angeordnet. Folglich ist es nahezu unmöglich, allgemeingültige Regeln für die Gerichte einer cena aufzustellen, weshalb sich auch die Fachautoren oft widersprechen.

 

ê nächstes Kapitel