Die Erzählung des Gastes über den Leichenschmaus

Die Cena Trimalchionis bietet nicht nur durch das Gastmahl, das Trimalchio servieren läßt, sondern auch durch die Erzählung seines Gastes Habinnas über den Leichenschmaus, von dem er gerade kommt, zahlreiche Informationen über die Eßgewohnheiten der Römer in der frühen Kaiserzeit.

Wie Habinnas als Berichterstatter einzuschätzen ist, als er zur Cena Trimalchionis stößt, charakterisieren zwei Bemerkungen: "... ille autem iam ebrius ..." (Petr. 65,7) sowie "... tam bonae memoriae sum, ut frequenter nomen meum obliviscar." (Petr. 66,1).

Die Reihenfolge der Gerichte, die der betrunkene und vergeßliche Habinnas von der cena schildert, ist einigermaßen ungewöhnlich. Es gibt nun zwei Möglichkeiten, diese Darstellung zu bewerten: entweder geht man davon aus, daß er die richtige Reihenfolge der Speisen behalten hat und sie auch korrekt wiedergibt, oder aber man glaubt, daß er sie durcheinanderbringt.

Seinem Bericht zufolge soll dieser Leichenschmaus mit einem "porcum botulo coronatum" (Petr. 66,2) angefangen haben. Jedoch ist es äußerst unwahrscheinlich, daß eine cena mit einem Braten, der eher im Hauptgericht anzusiedeln ist, begonnen wird. Ausgehend von der Annahme, daß Habinnas die Anordnung der Speisen verwechselt, versuche ich deshalb im folgenden einen möglichen Aufbau dieses Mahls zu rekonstruieren. Dabei beziehe ich mich auf die bisher dargestellten Gerichte und ihre aus heutiger Sicht wahrscheinliche Anordnung in einer cena.

Sau mit Plunzenkranz

Der porcus botulo coronatus erinnert sehr an das zweite Hauptgericht in der Cena Trimalchionis und dürfte demzufolge auch in dem von Habinnas besuchten Leichenmahl den Rang eines caput cenae innegehabt haben. Neben den botuli gibt es als Beilage "sangunculum et gizeria" (Petr. 66,2). Bei sangunculum handelt es sich um eine relativ einfach zubereitete Blutwurst aus Fett, Gerstenschrot und gekochtem Blut. Das gizeria ist eine Art Hühnerfrikassee, bestehend aus kleingeschnittenen, gekochten Hühnerinnereien, das Apicius als Zutat für eine Vorspeise (Apic. 4,5,1) und mehrere Hauptgerichte (Apic. 4,2,21; 5,3,8) verwendet.

Gewissermaßen als nichtfleischliche Beilage soll es nach Habinnas "betam et panem autopyrum" (Petr. 66,2) gegeben haben. Obwohl Gemüse wie die rote Rübe eigentlich typische Vorspeisen waren, ist es durchaus denkbar, daß es sie in Begleitung von Hauptgerichten gab, ebenso wie auch zu jedem Gang Brot gereicht wurde.

Kalte Käsepastete mit heißem Honig

Käsepastete

Habinnas behauptet, daß der nun folgende Gang eine " ... scriblita frigida et supra mel caldum infusum excellente Hispanum." (Petr. 66,3) gewesen sei. Wenn man davon ausgeht, daß man Wein erst nach der Vorspeise zu sich nahm, schließt sich die scriblita als Vorspeisengericht aus und die Kombination Kuchen-Honig legt die Vermutung nahe, daß sie im Nachtisch anzusiedeln ist.

Das Apicius-Kochbuch ist zum Thema Süßspeisen nicht sehr ergiebig. Erwähnung finden unter anderem neben Rezeptvariationen zu Brot- bzw. Honigkuchen (Apic. 7,13,2-3), die dem heutigen Arme-Ritter-Rezept ähneln, mit Honig gefüllte, geschmorte Datteln (Apic. 7,13,1), Nußkerne mit Honig (Apic. 7,13,5) sowie ein Rezept für Eiercreme. Das Rezept für diese Eiercreme ist erstaunlich einfach, so werden auf einen halben Liter honiggesüßte Milch fünf Eier verrührt und diese Masse auf offenem Feuer stocken gelassen (Apic. 7,13,7). Sehr häufig gebrauchte man den Honig auch bei der Herstellung von Konditoreiwaren, wovon Cato einige Rezepte liefert.

Honig

Entwicklung

Die Römer waren bei weitem nicht die ersten, die die Vorzüge des Honigs kannten.

Honig wurde schon von urzeitlichen Primitivvölkern geschätzt. Bevor diese ihre eigenen Bienenvölker halten konnten, waren sie völlig auf das Plündern wilder Bienenstämme angewiesen. Zeugnis für die große Beliebtheit des Honigs schon in frühen Zeiten liefern uns heute steinzeitliche Höhlenbilder von honigsammelnden Menschen (Abb. 6).

Nach allgemein vorherrschender Meinung soll das Imkereiwesen von Ägypten aus zunächst nach Griechenland und dann nach Rom gelangt sein. In Griechenland ist die Imkerei vor dem 8. Jh. v. Chr. bekannt und folglich auch nur wenig später in Rom.

Als der beste und süßeste Honig galt für die Römer der aus der Gegend Attikas, genauer aus den weiten Baumbeständen des felsigen Hymettos. Dieser attisch-hymettische Honig war in Rom zu Zeiten der Republik noch nicht geläufig, wohl aber in der Kaiserzeit und findet an zwei Stellen in der Cena Trimalchionis Erwähnung (Petr. 38,3; 56,9). Der beste Honig aus italischem Gebiet war der aus Sizilien, wohingegen jener aus Korsika oder Sardinien als schlecht eingeschätzt wurde.

Welch hohe Position der Honig in der Ernährungskultur der Römer einnahm, läßt sich neben der Tatsache, daß so gut wie jede Landwirtschaft ihre eigenen Bienenstöcke hatte, am besten aus der sorgfältigen Behandlung dieses Themas in der lateinischen Literatur erkennen. So bringen die meisten Fachbücher über die Landwirtschaft ein eigenes Kapitel zum Thema Imkerei. Cicero, Vergil, Varro, Columella und Plinius sind die wohl bekanntesten Autoren, die Ratschläge bezüglich der optimalen Unterbringung, Ernährung, Bienenarten, Standortwahl, Stöcke, Bienenkauf, Schwärme, Mittel gegen Krankheiten, Honigernte und der Wachsgewinnung geben. In der Regel wurde die Bienenzucht jedoch nicht vom Gutsherrn selbst überwacht, dazu hatte er einen Beauftragten, den apiarius, der dann die alleinige Verantwortung dafür trug.

Verwendung

Nicht nur für Süßspeisen wurde der Honig verwendet, man nahm ihn auch gerne für Saucen und Dressings aller Art. Gleich, ob die Sauce einfach oder raffiniert zubereitet wurde, ob sie zu Gemüse, Fisch, Fleisch, Wildbret oder Obst gedacht war, eine Zutat durfte ihr nie fehlen: der Honig. Sehr interessant ist außerdem, daß man ihn als Glasur für Schinken empfahl. Dazu sollte man die Haut des Schinkens abziehen, die Speckschicht mit Kreuzen einkerben und den Honig dann hineinreiben. Außergewöhnlich ist dieses Rezept deshalb, weil es in dieser Form bis heute gebräuchlich ist.

Auch Getränke süßte man mit dem Honig, als Beispiele seien hier das beliebte Honigwasser aqua mulsa und das berühmte mulsum, der mit Honig versetzte Wein, erwähnt.

Während heute der Heidehonig am höchsten gehandelt wird, war es im alten Rom - wie in Griechenland auch - der Thymianhonig. Flüssiger Honig war beliebter als kristalliner, was bedeutet, daß enorme Sorgfalt auf die Erhaltung dieses flüssigen Zustandes gelegt werden mußte, da fast jeder Honig mit der Zeit kristalliert. Diese Vorliebe hatte ihren Grund darin, daß der Honig hauptsächlich als Zuckerersatz gebraucht wurde und in flüssigem Zustand wesentlich leichter zu verwenden war als granuliert.

Daneben war der Honig noch ein sehr wichtiges Konservierungsmittel und spielte zudem in der Medizin eine große Rolle. Das erste Buch des Apicius-Kochbuches liefert eine genauere Beschreibung der Dinge, die in Honig konserviert werden können. Dieses Verfahren bietet sich für Obstfrüchte wie Äpfel, Pflaumen oder Birnen (Apic. 1,20) ebenso an, wie für Fische oder Fleisch (Apic. 1,8).

In der Medizin wurde er sowohl äußerlich als auch innerlich angewandt, bei Lendenschmerzen gleichermaßen wie bei Vergiftung und Schnupfen. In kosmetischer Hinsicht erhoffte man sich vom Honig - teilweise in Verbindung mit anderen Substanzen - eine faltenhemmende Wirkung.

Nach all diesen Beispielen bleibt kein Zweifel daran bestehen, daß Honig bei den alten Römern ähnlich universal verwendet wurde wie heutzutage der Zucker, wahrscheinlich aufgrund der Vorliebe für süß-saueren Geschmack sogar noch vielseitiger.

 

Obst und Gemüse

Wenn man in der scriblita frigida also ein Gericht des Nachtisches sieht, sind die angeblichen Beilagen Kichererbsen und Wolfsbohnen in einen anderen Abschnitt des Mahls einzuordnen. Vermutlich dürften die "... cicer et lupinum, calvae arbitratu et mala singula." (Petr. 66,4) ein Teil der Vorspeise gewesen sein. Obst wie Äpfel oder Haselnüsse gab es zwar zu jedem Gang, wurde aber bevorzugt zur Vor- oder Nachspeise gereicht. Da Habinnas jedoch die Äpfel zusammen mit den Nüssen und den Hülsenfrüchten in einem Atemzug nennt, ist es sehr wahrscheinlich, daß sie auch zusammen in einem Gang vorgekommen sind. Weil Gemüse keinesfalls zum Nachtisch gereicht wurde, ist es gerechtfertigt, in dieser Zusammenstellung eine Vorspeise zu sehen.

Wolfsbohnen

Die Lupine, auch Wolfsbohne genannt, war nach der Favabohne die am häufigsten verzehrte Hülsenfrucht. Zwar erwähnt Apicius sie in seinem Kochbuch nicht, doch steht fest, daß sie im alten Rom sehr vielseitig verwendet wurde. Man kochte die Lupinen und weichte sie danach in Wasser ein, bis sie ihre natürliche Bitterkeit verloren. Dann würzte man sie mit garum, oxygarum oder hydrogarum. Nach diesem Rezept wurden die Wolfsbohnen beispielsweise heiß auf der Straße verkauft. Sie waren ein billiges Nahrungsmittel vor allem für die niederen Schichten.

Äpfel

Der Apfel, dessen ursprüngliche Heimat im Gebiet Anatoliens liegt, ist in Kleinasien ab 6500 v. Chr. nachweisbar, wurde aber mit Sicherheit schon früher verspeist. Von dort gelangte er, wie so viele andere Nahrungsmittel auch, über Griechenland nach Rom. Während den Griechen nur zwei verschiedene Apfelsorten bekannt waren, gab es bereits im Rom der frühen Kaiserzeit 36 Sorten. So züchtete man beispielsweise Äpfel, die sich hervorragend zum Einlagern eigneten, oder etwa die mala Matiana, die wegen ihrer Schönheit geschätzt wurden. Damit war dem Züchter, dem Ritter C. Matius gelungen, wovon seine Kollegen träumten: er hatte seinen Namen in einer Obstsorte verewigt. Die besten mala Matiana gediehen in einem Dorf bei Aquileia, zehn davon kosten im Diokletiansedikt vier Denare - viermal so viel wie andere Äpfel.

Generell ist nicht immer einfach festzustellen, was mit malum gemeint ist, denn bei den Römern bezeichnete malum ohne unterscheidendes Beiwort den Apfel, die Quitte, den Granatapfel und auch die Zitrone, den Pfirsich und die Aprikose. Diese Obstfrüchte wurden fälschlicherweise allesamt in der Gattung der Äpfel zusammengefaßt. Für Habinnas erfüllt der Apfel die Aufgabe eines Mitbringsels.

Bärenfleisch

Außerdem soll es bei diesem Leichenschmaus eine Portion Bärenfleisch gegeben haben, von der Habinnas "plus libram" (Petr. 66,6) gegessen hat.

Da der Bär in der Antike im gesamten Italien - wie auch im übrigen Mittelmeergebiet - sehr stark verbreitet war, bot es sich geradezu an, sein Fleisch zu verzehren. Dennoch stellte das Bärenfleisch ursprünglich im alten Rom kein typisches Nahrungsmittel dar. Nachdem die Bären aber zu tausenden bei den Gladiatorenspielen in den Arenen getötet worden waren, ging man schließlich dazu über, Bärenfleisch zu verzehren und sie auch zur Konsumation zu fangen.

Das Bärenfleisch wurde besonders im Herbst gegessen mit Ausnahme der Milz, die als ungenießbar galt, besondere Liebhaberstücke waren dagegen die Bärentatzen. Was dem Genuß von Bärenfleisch aber am meisten entgegenstand, war die Angst, mit einem Bären ein Tier zu essen, das in der Arena einen Menschen getötet und zumindest teilweise gefressen haben könnte. So verwundert es auch nicht, daß Apicius kein Rezept zur Zubereitung für Bärenfleisch in sein Kochbuch aufgenommen hat.

Käseauflauf

Die Einordnung des Käsegerichts, das nach Habinnas: "in summo habuimus caseum mollem ex sapa ..." (Petr. 66,7) zum Nachtisch angeboten worden sein soll, erweist sich als schwierig.

Unwahrscheinlich ist, daß der Käseauflauf in der Hauptspeise vorgekommen ist, da hier Fleischgerichte dominierten. Doch könnte er sowohl in der Vorspeise als auch im Dessert aufgetragen worden sein. Für die Zuordnung zum Dessert spricht, daß angeblich gleichzeitig Schnecken gereicht wurden, wie es auch in Trimalchios Gastmahl - möglicherweise einer kurzfristigen Modeströmung folgend - geschieht. Andererseits sind Schnecken eigentlich vorspeisentypisch, und da Beilagen wie Leber und Kuttelfleck auch eher hier anzusiedeln sind, ist das Käsegericht am wahrscheinlichsten in der Vorspeise serviert worden.

Entwicklung des Käses

Bald nachdem man angefangen hatte, die Tiere regelmäßig zu melken, lernte man auch, Milchprodukte wie Butter oder Käse herzustellen. Man glaubt, daß derartige Erzeugnisse zunächst rein zufällig entstanden sind, so könnte etwa aus Milch durch Schütteln beim Transport Butter geworden sein. Allgemein wird vermutet, daß zumindest in Mesopotamien spätestens ab 2900 v. Chr. die Herstellung von Milchprodukten geläufig war.

Butter als einfachstes Milchprodukt war den Römern - wie auch den Griechen - wohl aufgrund des Überflusses an Olivenöl weitgehend unbekannt. Doch hatten sie bei weitem nicht als erste herausgefunden, daß es eine doppelte Notwendigkeit darstellte, Milch in Käse zu verwandeln. Einerseits konnte man die Milch in der Form des Käses gut konservieren und so für den Winter aufbewahren, für die Zeit also, in der die natürliche Milchproduktion ihren Tiefpunkt erreichte. Außerdem konnte man durch den Käse auch die Milch entlegener Regionen nutzen, für die wegen der großen Distanz zu den Städten kein Sofortverkauf möglich war.

Herstellung

Die Käseproduktion wurde hauptsächlich von Schäfern übernommen, bekannt war die Herstellung von Schafskäse, Ziegenkäse, Käse aus Kuhmilch und sogar von Käse aus Kamel- sowie aus Stutenmilch. Dabei galt der aus Kuhmilch hergestellte als der beste, in der Beliebtheitssakla folgten dann der Schafs- und schließlich der Ziegenkäse. Der Gebrauch von Kamel- und Pferdekäse war überwiegend der medizinischen Verwendung vorbehalten und nicht allgemein üblich.

Um die Milch zum Gerinnen zu bringen, verwendete man entweder Feigensaft oder Lab, die Molke wurde dann durch Pressen entfernt (Abb. 7), der Käse danach zum Teil mit Salz bestreut, das später wieder abgewaschen wurde. Anschließend wurde er mindestens 12 Tage lang getrocknet, so daß er auch einen längeren Transport überstand. Das Aroma des Käses wurde durch verschiedenste Zusätze verändert bzw. verstärkt. So fügte man ihm beispielsweise Saturei, Thymian, Wilddistelblüten, Safran, Anis, Hülsenfrüchte und sogar Wieselhirn zu, das die Haltbarkeit des Käses erhöhen sollte.

Im alten Rom konnte der auf so vielfältige Weisen zubereitete Käse die bescheidenen Eßwünsche des einfachen Landmannes ebenso wie den kultivierten Geschmack eines Gourmets befriedigen, denn neben den mannigfaltigen Zutaten kannte man auch unterschiedliche Herstellungsverfahren und mehrere Methoden, ihn zu konservieren. Das daraus entstandene zahlreiche und vielgestaltige Angebot verschiedenartiger Käsesorten wurde durch Käseimporte aus den Provinzen noch erweitert, so daß wirklich für jeden Geschmack und für jeden Geldbeutel eine passende Art zu finden war.

Der Ruf und demzufolge auch der Preis des Käse hing von der Region ab, aus der er kam. Die italischen Städte Trebula (Sabinerland), Sarsina (Umbrien) und Luna (Ligurien) waren aufgrund ihrer Käseproduktion berühmt und die dort hergestellten Käsesorten gehörten zu den beliebtesten im gesamten römischen Reich. So zeichnete sich der Käse aus Luna darin aus, daß er aus Milch von Mutterschafen hergestellt wurde, wohingegen der aus Sarsina wohl vor allem wegen seiner pyramidenartigen Form geschätzt war. Außerdem erfreuten sich die importierten Käsespezialitäten aus den dalmatinischen Gebirgen, aus Bithynien und aus Gallia Narbonensis höchster Beliebtheit. Ebenfalls begehrt war geräucherter Käse, der dadurch haltbarer wurde und zudem noch eine schöne Farbe und einen interessanten Geschmack erhielt.

Die Bedeutung des Käses spiegelt sich in der großen Anzahl der überlieferten Konservierungsrezepte wieder. Die häufigste Methode war neben den bereits erwähnten Praktiken des Trocknens und Räucherns das Einlegen in Salzlake.

Verwendung

Käse war eines der wichtigsten Nahrungsmittel und spielte eine wesentliche Rolle in der Ernährung der Bauern, der Reisenden und der Soldaten. Entsprechend billig waren die gewöhnlichen Sorten, deren Preis im Diokletiansedikt bei acht Denaren für ein Pfund frischen Käse liegt und bei zwölf Denaren für die gleiche Menge an getrocknetem, der wichtig für die Ernährung im Winter war. Frischer Käse, "caseus mollis" (Petr. 66,7) wurde ebenso gerne gegessen wie der getrocknete, der Preisunterschied dürfte wohl in dem Gewichtsverlust beim Trocknen zu begründen sein. Für ausgefallene Spezialkäse wurde weitaus mehr bezahlt.

Während der Käse bei uns heutzutage vor allem als Beilage zum Brot gegessen wird, spielte diese Verwendungsweise in Rom nur eine untergeordnete Rolle. Er wurde in erster Linie mit Feigen, Oliven oder Salz verzehrt und in vielen Gerichten als Zutat benutzt. Dabei war der Käse eine der wichtigsten Ingredienzen römischer Backwaren. Bei Brot wie bei Kuchen ersetzte der Käse - getrocknet und zu Pulver zerrieben - in vielen Rezepten das Mehl oder wurde in frischem Zustand ähnlich verwendet wie heute der Quark.

Apicius empfiehlt in seinem Rezept für einen Käse-Fisch-Auflauf frittierten Fisch mit Hirn, Hühnerleber, hartgekochten Eiern, Pfeffer, Liebstöckel, Oregano, Rautenbeeren, Wein, mulsum, Öl und frischem Käse in einer Auflaufform zu kochen. Das Gericht soll vor dem Auftragen mit rohen Eiern abgebunden und mit Kümmel bestreut werden (Apic. 4,2,17). Bei dem in dem Leichenmahl servierten "caseum mollem ex sapa" (Petr. 66,7) dürfte es sich wohl eher um einen derartigen Auflauf in Mostsirupsauce als um mit Mostsirup angemachten Frischkäse handeln.

Habinnas beendet seinen Bericht über den Leichenschmaus mit der Aufzählung der Speisen, die zusammen mit dem Käseauflauf und den Schnecken angeboten worden sein sollen: "... et cordae frusta et hepatia in catillis et ova pilleata et rapam et senape et catillum concacatum..." (Petr. 66,7).

Schweinekutteln

Die cordae, die Schweinekutteln, werden im Kochbuch des Apicius nicht erwähnt, was bedeutet, daß sie ein einfaches Gericht darstellten.

Leber

Über die Zubereitung der Leber wird keine genauere Aussage getroffen, was vermuten läßt, daß es sich nicht um besondere Leber - wie etwa die eines mit Feigen gestopften Schweins oder einer Gans - gehandelt haben dürfte. Dieses Gericht ist deshalb mit den Kutteln, den garnierten Eiern und den Rüben in die Vorspeise einzureihen.

Rüben

Die Rübe stammt ursprünglich aus einem Gebiet, das sich von der Ostsee über Skandinavien bis zum Kaukasus erstreckte. Nachdem man dort mit dem kulturmäßigen Anbau begonnen hatte, verbreitete sie sich über Norditalien nach ganz Europa. Der Zeitpunkt des ersten Anbaus von Rüben läßt sich nicht mehr rekonstruieren, auf jeden Fall geht man davon aus, daß es weit vor den Anfängen der Geschichtsschreibung geschah.

Verwendet wurde die Rübe sowohl für die menschliche als auch für die tierische Ernährung, sie war wegen ihrer hervorragenden Lagerfähigkeit ein wichtiges Nahrungsmittel in Notzeiten oder im Winter.

Im alten Rom war die Rübe - vermutlich weil sie stark blähend wirkte - ein sättigendes Grundnahrungsmittel für die einfacheren Schichten. Auch die Blätter der Rübengewächsen wurden gerne gekocht verzehrt - ein Gericht, das unter dem Namen Stielmus oder Rübstielchen in Deutschland vor allem in Notzeiten noch in diesem Jahrhundert zubereitet wurde und auch in bestimmten Gebieten immer noch gegessen wird. Der einzige, aber doch recht kuriose Unterschied der altrömischen Küche zu der dieses Jahrhunderts ist die Tatsache, daß man damals die Rübenblätter lieber mochte, wenn sie bereits gelb und halbverwelkt waren.

Apicius verwendet die Rüben als Beilage zu Geflügel (Apic. 6,2,3), kocht sie zu Mus (Apic. 3,13,1-2) und schlägt Konservierungsmöglichkeiten vor (Apic. 1,24,1-2). Da im zweiten Rezept zur Konservierung der Rüben neben Honig, Essig und Salz auch Senf als Zutat gebraucht wird, ist es durchaus wahrscheinlich, daß Habinnas derartig eingelegte Rüben meint, obwohl er von "rapa et senape" (Petr. 66,7) spricht.

Senf

Allgemein wurde Senf überwiegend zur Konservierung von Gemüsen und eher selten als Saucengewürz verarbeitet. Für die Herstellung von Tafelsenf sind zwei Rezepte überliefert: entweder knetete man die zu Mehl zermahlenen Senfkörner in Essig ein oder setzte ihnen Honig, Essig und Öl zu.

Kuddelmuddelpastete

Das letzte von Habinnas erwähnte Gericht ist "catillum concacatum" (Petr. 66,7). Unter catillus muß man sich einen ausgerollten Teig aus Schweineschmalz, Mehl und Lattich vorstellen, der dann in kochendem Öl frittiert wurde. Friedlaender ist der Meinung, daß catillum concacatum ein Vulgärausdruck für dieses Gericht ist, und er nimmt weiterhin an, daß diese Teigstücke in der cena mit einer Art Ragoutsauce übergossen aufgetragen wurden. Damit kann man auch dieses Gericht zu den Vorspeisen ordnen.

Kümmel

In Essig eingelegter Kümmel, oxycuminum, den Habinnas zusammen mit dem Schinken, von dem niemand mehr aß, als letztes in seiner Erzählung anführt, stellte eine allseits beliebte Spezialität dar. Nach Plinius war Kümmel das beste aller Gewürze, er kommt in fast jedem Rezept des Apicius vor.

Immer noch ist Habinnas empört, daß sich einige der Gäste drei Fäuste des oxycuminum als apophoreta einsteckten, wobei er darüber hinwegsieht, daß auch er sich mehr als den ihm zustehenden einen Apfel mitgenommen hat.

Zusammenfassung

Auch in der von Habinnas geschilderten cena läßt sich die typische Gliederung in die drei Abschnitte Vorspeise, Hauptspeise und Nachspeise erkennen.

Trotz bekanntlich fehlender allgemeiner Regeln lassen sich doch einige Charakteristika der Gerichte herausarbeiten.

Dementsprechend dürften den Vorspeisen die garnierten Eier zuzuordnen sein, ebenso wie verschiedene Obst- und Gemüsesorten. So werden neben Rüben mit Senf und Kichererbsen sowie Wolfsbohnen auch Haselnüsse und Äpfel gereicht. Daß auch fleischliche Gerichte wie die Leber, die Kutteln und die Kuddelmuddelpastete in der Vorspeise vorkommen, läßt einen gewissen Wohlstand des Gastgebers erahnen.

Der Hauptgang besteht aus zwei Gerichten, dem Bärenfleisch und - als caput cenae - dem Schwein in Begleitung von verschiedenen Wurstsorten, Hühnerfrikasse und roten Beeten. Zum Nachtisch gehört die kalte Käsepastete mit einem Überguß aus heißem Honig und Wein.

Ob der Käseauflauf tatsächlich Bestandteil der Vorspeise ist, kann nicht geklärt werden. Ich persönlich neige jedoch dazu, in ihm ein Vorspeisengericht zu sehen. Gleichermaßen verhält es sich mit den Schnecken, die hingegen - ausgehend von einer möglichen Parallele zu Trimalchios Gastmahl - in jener cena auch im Nachtisch zu finden sein könnten.

Wie dargelegt sind Mollusken in der frühen Kaiserzeit bereits eine völlig untypische Nachspeise. Dennoch behaupten mehrere Autoren, daß diese Schaltiere durchaus noch verbreitet serviert wurden, wobei sie sich auf Petron beziehen und dann verallgemeinern. Sie stehen damit aber im Gegensatz zur Grundlagenforschung, die meint, daß Petron in der Cena Trimalchionis nicht die Regel, sondern - aus welchen Gründen auch immer - die Ausnahme schildert.

 

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