Schluß

Petrons Cena Trimalchionis bietet eine reichhaltige Quelle zur Anschauung von Rezepten, Gerichten und Gebräuchen rund um ein Gastmahl in der frühen Kaiserzeit.

Die Eßkultur hatte sich in den zurückliegenden dreihundert Jahren - jedenfalls in der Oberschicht - grundlegend verändert und weiterentwickelt, der zunehmende Wohlstand erlaubte neue Formen.

Opulenz und Ausdehnung einer cena waren natürlich von vielen Faktoren abhängig, von den Gewohnheiten und der Finanzkraft des Gastgebers, von seiner Standeszugehörigkeit und seiner Phantasie, vom Anlaß, von der Zusammensetzung der Gäste, von Jahreszeit und Wohnort.

Petron, der sich kritisch mit seiner Zeit auseinandersetzt, bezweckt mit seinem Werk weder die Darstellung noch die satirische Aufarbeitung der Speisenfolge, dazu steht ihre Schilderung viel zu sehr im Hintergrund. Vielmehr ironisiert er anhand der Tischsitten und Gespräche sehr subtil das großspurige Gehabe der zu Geld gekommenen Freigelassenen, die versuchen, mit ihrer Halbbildung die geistige Oberschicht Roms zu kopieren und durch üppige Ausschweifungen eine Art von Minderwertigkeitskomplex zu überdecken.

Alföldi-Rosenbaum befindet sich offensichtlich in einem Irrtum, wenn sie meint, die Beschreibung der Gerichte durch den Verfasser sei rein satirisch, so daß es sich verbiete, irgendwelche ernsthaften Rückschlüsse auf die Ernährungsgewohnheiten zu ziehen.

Dabei will Trimalchio durch die aufwendige Präsentation und die zwischen den Gängen aufgeführten Darbietungen auf sich und seinen Reichtum aufmerksam machen. Was er servieren läßt, gehört durchaus zu den normalen Speisen, jedenfalls in der gehobenen Küche der Wohlhabenden.

Die Römer des ersten nachchristlichen Jahrhunderts lebten nach den Gebräuchen, die der wenig Informierte heute für "typisch römisch" ansieht. Ausgedehnte Eß- und Trinkgelage sowie das Liegen zu Tisch gelten als die hervorstechenden Merkmale der damaligen Lebensart.

Bei genauerem Hinsehen waren die Eß- und Tischsitten in der frühen Kaiserzeit längst nicht so ausgefallen und verdorben, wie es vielen scheinen will. Das Argument, die Zubereitung von Speisen überwiegend als Püree, Ragout, Kroketten, auf jeden Fall aber kleingeschnitten, sei dekadent, verkennt die Schwierigkeiten, mit nur einer freien Hand im Liegen mundgerechte Stücke zu schneiden.

Auch die Kritik, die Rezepte in Apicius Kochbuch seien übertriebener Luxus, zielt ins Leere. Rezepte, die geschmacklos und ekelhaft waren und wirklich die Perversion der Kochkunst dokumentieren, wie etwa Nachtigallenzungen, Papageienhirne und mit Menschenfleisch gemästete Muränen, erschienen erst 100 - 150 Jahre später, Apicius war längst gestorben. Und auch zu jener Zeit war es nur eine kleine Schicht und nicht die breite Masse, die so lebte.

Wie so häufig aber prägt sich das schlechte Beispiel einiger weniger in den Köpfen ein!

 

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